16.11.2006 - Interview mit Volker Seifert
Herr Seifert, wie lange waren Sie Präsident des FSV Zwickau?
Volker Seifert: Fast drei Jahre.
Es heißt, Sie hätten auch eine Stange Geld in den Verein gesteckt.
Das stimmt. Als wir kamen, war kein Geld mehr da. Der Verein war fast pleite. Es hat ja schon mal eine Insolvenz gegeben, und wir konnten uns keine zweite leisten. Wir konnten dann wieder Vertrauen zu den Sponsoren aufbauen, auch zu den Fans.
Obwohl das Team zwischenzeitlich nur noch in der Landesliga spielte.
Ja, wir sind abgestiegen. Das war sicherlich auch durch die Sparmaßnahmen begründet.
Wie kommt man denn aus dieser Zwickmühle raus, ein Traditionsklub zu sein, an den auch entsprechende Erwartungen gestellt werden, und andererseits mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln auskommen zu müssen?
Das ist ja nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht eine Stadt, die selber kein Geld hat und praktisch pleite ist. Das Westsachsenstadion sollte im vorigen Jahr sogar schon geschlossen werden. Die Sicherheitsstandards stammen zwar noch aus Zweitliga-Zeiten, doch der aktuelle Zustand ist schon desolat.
Wie glaubwürdig ist es denn angesichts des großen Sanierungsbedarfs, wenn der DFB nach Ausschreitungen in den vergangenen Wochen erklärt, die Stadien der Dritt- und Viertligisten müssten baulich höheren Sicherheitsanforderungen genügen?
Ich glaube schon, dass beim DFB das Geld da ist. Als die Sicherheitsstandards zunächst in erster und zweiter Liga und dann auch in den Regionalligen verbessert wurden, da sind die Randalierer zu den Oberligisten weitergezogen. Jetzt kann man den Schwarzen Peter nicht einfach den Vereinen zuschieben. Man muss auch sehen, dass zuletzt ja kontinuierlich Fanprojekte wegrationalisiert wurden. Nur samstags als Staatsmacht aufzutreten, das ist zu wenig.
Was kann der FSV Zwickau denn von sich aus tun?
Wir haben den Klub finanziell wieder auf ein solides Fundament gestellt. Sportlich sind wir so weit, dass die Mannschaft allen echten Fans noch viel Freude machen wird. Aber das Dumme ist: Neben den vielen treuen und guten Fans gibt es immer auch ein paar *****en. Und die haben in unserem Fall in Sekunden kaputt gemacht, was in drei Jahren aufgebaut wurde. Wir hatten ja im vorigen Jahr gegen Sachsen Leipzig schon mal Ärger. Es gab auch eine Verhandlung. Ich hatte damals schon mit Stadionverboten gedroht. Jetzt weiß ich: Ich hätte die tatsächlich durchsetzen müssen.
Haben Sie Probleme im schon vorab als brisant eingestuften Spiel gegen Chemnitz erwartet?
Wir haben schon in der Woche davor in einem Aufruf an alle appelliert und betont: Leute, der FSV steht unter besonderer Beobachtung! Vor dem Spiel war ich dann eigentlich zuversichtlich, weil mit unseren Sicherheitskräften und in der Zusammenarbeit mit der Polizei alles reibungslos lief.
Zahlt der Fußball die Zeche für gesellschaftliche Versäumnisse?
Der Fußball auf dieser Ebene ist auch eine Zuflucht für Leute geworden, die ansonsten keine Achtung und keine Aufmerksamkeit bekommen. Das ist ihr Sprungbrett, da können sie zeigen: Wir sind auch noch da! Ich glaube, dass ein paar Streetworker da wenig ausrichten können. Es muss schon hart durchgegriffen werden.
Was können die so genannten normalen Fans tun?
Für die ist es schwierig. Da sind ja auch viele Ältere darunter, treue Fans, die seit vielen Jahren mit Herzblut dabei sind. Das Problem sind ein paar Jugendliche, die kraft ihrer Wurstsuppe denken, sie müssten immer wieder auffallen. Wir waren übrigens drauf und dran, das Spiel zu gewinnen. Ich kann das einfach nicht verstehen. Der FSV ist ja ein schlummernder Löwe. Wenn wir noch eine Spielklasse höher klettern, würde man das auch sehen. Dafür muss man aber Elemente ausschließen, die dort nichts verloren haben.
Wird den "Problemfans" zu viel Verständnis entgegengebracht?
Man muss die Fanprojekte sensibilisieren und dann einen gemeinsamen Weg gehen. Das muss nicht immer die Konfrontation sein. Wir haben auch schon zu den Ultras gesagt: Okay, ihr könnt in Absprache mit uns nach dem Spiel eine "Choreo" machen. Aber es kann nicht sein, dass sich die Dinge gegen den Verein richten. Ich habe kein Problem damit, persönlich verbal angeschossen zu werden. Aber bei Transparenten, die sich gegen meine Firma und damit auch gegen Mitarbeiter richten, hört der Spaß auf.
Bleiben Sie als Sponsor des FSV an Bord?
Auf jeden Fall bis zur Winterpause - dann wird man sehen. Eines muss ich mal betonen: Ich bin ein Rot-Weißer! Und das bleibe ich.
(Quelle: Wolfgang Hettfleisch; Frankfurter Rundschau online vom 16.11.2006)
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