15.02.2018 - Vom administrativen Alltag bis hin zum „Aha-Erlebnis“ der U19 in Aue – Ein Interview mit dem administrativen Leiter des NWZ "Die jungen Schwäne" und U19-Trainer Markus Seiler

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Kurz vor dem Start in die Rückrunde der A-Jugend Regionalliga Nordost 2017/18 stand uns Markus Seiler, administrativer Leiter des FSV Zwickau Nachwuchszentrums „Die jungen Schwäne“ und Trainer der U19, für ein ausführliches Interview Rede und Antwort. Themen wie der Zustand der U19, die Verpflichtung der McGregor-Zwillinge oder die Nachwuchsentwicklung standen im Fokus des Gesprächs.

Wie sieht der Arbeitsalltag des administrativen Leiters eines Nachwuchszentrums aus? Wie sieht dein Aufgabenbereich aus?

Markus Seiler: Arbeitsbeginn ist zwischen 08:30 und 09:00 Uhr. Vormittags geht’s hauptsächlich um buchhalterische Dinge, um Abrechnungen von Schiedsrichterkosten, die Planung für die kommenden Wochenenden, Bus- und Platzeinteilung, Ansetzungen von Freundschaftsspielen, Einteilungen von Hallenturnieren, Anmeldungen oder die Planung des eigenen Hallenturniers. Am Nachmittag bin ich ansprechbar für die Trainer, für alle Sachen, wo Fragen aufkommen. Natürlich kommen auch die Trainingsplanung und -vorbereitung, Spielergespräche und jetzt in der Phase die Kaderzusammenstellung, dort Spieler einzuladen oder zu sichten, meiner U19 dazu.

Wenn wir beim Thema „Spieler einladen und sichten“ sind, wie kam es zum Transfer der McGregor-Zwillinge?

Seiler: Der Berater von den beiden Jungs hat uns kontaktiert, ob wir sie uns anschauen wollen. Daraufhin haben wir sie zum Probetraining eingeladen, auch in der 1. Mannschaft waren sie zum Probetraining. Das war der erste Kontakt zu Torsten Ziegner, mit mir zusammen. Dann waren sie drei bis vier Tage bei uns. Wir haben sofort gesagt: „Wir wollen die beiden Jungs haben!“ Das war innerhalb von zwei bis drei Tagen eine Geschichte, wo sie sich für uns entschieden haben, was für uns extrem cool war, da sie sich deutschlandweit in Regensburg, Münster und Cottbus vorgestellt haben.

Warum haben sie sich für Zwickau entschieden?

Seiler: Das Komplettpaket ist kein schlechtes. Der erste Kontakt war der zum Cheftrainer. Sie sahen hier die Möglichkeit, sich auch der ersten Mannschaft vorzustellen, vielleicht auch eine realistische Chance, um oben mit zu trainieren und dann gesagt zu bekommen, es reicht für die 3. Liga oder eben nicht. Dieses Gesamtkonstrukt aus Internat, Vormittagstraining, eventuell Trainings, wenn die Leistungen stimmen, bei der ersten Mannschaft plus Stammspieler in der U-19 Regionalliga zu werden, um die Mannschaft zu verbessern, hat sie überzeugt.

Ist die Abstimmung zwischen Torsten Ziegner und dir eng? Gibt’s einen regelmäßigen Kontakt?

Seiler: Wir sind einmal wöchentlich in Kontakt, wo wir schauen, wann sind welche Trainingseinheiten? Braucht er Jungs aus der U19? Wann ist jemand verletzt? Braucht er einen Torhüter? In dem Fall Max Sprang, den dritten Torhüter der 1. Mannschaft, aber gleichzeitig auch U19-Torhüter ist… Von daher sind wir mit dem Trainerteam, sowohl mit Torsten Ziegner aber auch Steffen Süßner (Torwarttrainer), im ständigen und regelmäßigen Austausch.

Du bist 30 Jahre alt, also sehr früh zu einem Nachwuchsleiter aufgestiegen. Wie sah dein Werdegang aus?

Seiler: Ich habe eine Ausbildung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen gemacht, aber bin relativ früh in diese Trainerschiene hineingerutscht. Ich bin in meiner fünften Saison beim FSV Zwickau, habe als U17-Co-Trainer angefangen. In dem Jahr bin ich auch in die D2 mit Nico Quade hineingerutscht, hab da meine Erfahrungen machen dürfen. Dann habe ich im zweiten Jahr beim FSV die U12 trainieren dürfen, im dritten Jahr die U14, immer in Kombination mit dem U17-Co-Trainerjob. Im selben Jahr habe ich die U17 im Winter als Cheftrainer auch noch übernommen. Es folgte ein Jahr als Cheftrainer der U17, bloß dann kam im Halbjahr noch die U11 dazu, wo ich als Unterstützung eingesprungen bin. Jetzt bin ich in diese Saison mit der U17 gestartet, was sich im November geändert hat (Anm. der Red.: Seiler wurde Trainer der U19). Vor eineinhalb Jahren, zum 01.07.2016, bekam ich zudem die Möglichkeit, als administrativer Leiter im Nachwuchszentrum einzusteigen. Aktuell bekleide ich beide Positionen.

Einerseits hast du als Leiter, andererseits, weil du viele Nachwuchsmannschaften durchlaufen hast, die Möglichkeit, Folgendes zu beurteilen. Stichwort Philosophie, gibt’s ein taktisches Konstrukt, das sich durch alle Nachwuchsmannschaften zieht?

Seiler: Es gibt grundlegend im Rahmen der Lizenzierung zum Nachwuchsleistungszentrum ein erforderliches Nachwuchskonzept, was allumfassend ist, also da geht’s um sportliche Dinge, um Rahmenbedingungen, um Strukturen, z.B. Organigramme usw. Da ist auch ein sportliches Konzept enthalten, in welche Richtung wir unsere Jungs ausbilden wollen, was wir für Fußballer ausbilden möchten, wo es nicht unbedingt so wichtig ist, dass man ein starres taktisches Konstrukt hat, wo jeder weiß: „Alles klar! Wir spielen im 4-2-3-1. Das kann ich durchspielen“, sondern ob jeder seine Position weiß, z.B. als Flügelspieler habe ich da und da die Aufgabe. Wenn jeder das weiß, dann kann ich jede Grundformation spielen. Wir haben uns auf zwei, drei Sachen festgelegt, wo wir sagen, das geben wir den Jungs an die Hand, aber sind relativ flexibel.

Im Juniorenbereich des DFB ist die Bundesliga die höchste Liga. Nun ist das sicherlich nicht euer Ziel, weil die U17 und U15 noch in der Landesliga spielen. Was ist euer Ziel? Wo sollen die U-Mannschaften bestenfalls spielen? In der Regionalliga?

Seiler: Perspektivisch und mittelfristig sollten wir die U17 in die Regionalliga bekommen, einfach um den Unterbau für die U19 zu schaffen. Aktuell ist es so, dass wir sechs bis sieben Leute aus der U17 hochziehen und den Rest mit externen Spielern auffüllen. Es wäre cool, wenn wir irgendwann dahin kommen, dass wir selbst einen Unterbau haben und nur noch extern zwei, drei Jungs dazu holen müssten und dazu musst du eigentlich eine U17 in der Regionalliga haben. Da ist es schwierig, wir haben eine Region mit den Nachwuchsleistungszentren (NLZ) in Chemnitz, von Carl Zeiss Jena, des FC Erzgebirge um die Ecke, wir haben Dynamo Dresden als Kooperationspartner in der Nähe, RB Leipzig ist überall, die werden sich auch bei uns im kommenden Sommer bedienen, gute Jungs für die U17 aus der Region zu bekommen, die dann entweder schon in einem NLZ sind oder wir müssten sie extern hierherholen, was dann mit Schule usw. nicht so einfach ist.

Kann man Erfolg planen?

Seiler: „Man kann sicherlich gewisse Dinge planen, ja, aber Fußball ist trotzdem unberechenbar. Schöne Phrase! (lacht) Man kann sicherlich versuchen, sich vor der Saison Gedanken zu machen, gerade in der Kaderplanung, aber ob das dann alles so funktioniert… Das sind Jungs, auf die jede Menge Einflüsse einprasseln, gerade in dem Alter. Sie haben Schule und Familie; die Externen, die im Internat wohnen, sind von der Familie weg. Du weißt nie, ob sie sich so entwickeln, wie du dir das vorgestellt hast. Es kann ins Positive, aber auch ins Negative gehen. Zum Teil kann man ihn planen, aber zu 100% ist er nicht planbar.

Zusätzlich kann man es nicht planen, dass alle U19-Spieler in die erste Mannschaft gehen.

Seiler: Die Prozentualität ist relativ gering. Wir sind froh, wenn wir es schaffen, einen bei den Profis unterzubringen. Das steht auch im Konzept, wir sind Dienstleister für die erste Mannschaft. Unser Ziel muss es sein, Spieler für die erste Mannschaft auszubilden. Super wäre einer pro Jahr.

Kannst du bestimmte Spieler herausheben?

Seiler: Julian Hodek ist einer oder Maximilian Rosenkranz, der als Torhüter hochgegangen ist. In der Aufstiegssaison waren als U19-Spieler Benjamin Keller, Jonas Mack oder Paul Henschke dabei.

Du hast als Landesliga-Trainer bei der U17 in dieser Saison angefangen. Allerdings musstest du notgedrungen für Jens Heinrich bei der U19 einspringen. Wie hast du dich auf den Trainerjob in der Regionalliga vorbereitet? War das eine große Umstellung?

Seiler: „Nein, eigentlich nicht. Grundlegend kenne ich viele Jungs aus der U19, weil ich im Sommer noch an den Verpflichtungen beteiligt war und viele bei mir U17-Spieler waren. Wir haben dieses Jahr das Glück, dass wir relativ viele hochziehen konnten und ich das eine oder andere Spiel der U19 gesehen, damit einen Einblick hatte. Da ist es mir nicht schwergefallen, die Jungs zu übernehmen. Die ersten beiden Spiele mit Babelsberg und Magdeburg waren nicht von Erfolg geprägt. Gegen Babelsberg hatten wir einfach nicht die Chance zu reagieren. Ich habe die Jungs an einem Donnerstag übernommen und am Freitag sind wir schon nach Babelsberg gefahren. Magdeburg, eine der Top-Mannschaften in der Liga, wo man verlieren kann, vielleicht nicht unbedingt muss. Beim 0:3 war das trotzdem eine ordentliche Leistung von uns und danach ging es, das ist an den Ergebnissen nachvollziehbar, Stück für Stück aufwärts.

Das führt uns zum Spiel im Sachsenpokal gegen Aue. Da wart ihr nicht unbedingt Favorit, aber konntet am Ende gewinnen. War das ein Knackpunkt, bei dem das Selbstvertrauen zurückgekehrt ist?

Seiler: Es gibt zwei Ergebnisse, die den Jungs Auftrieb gegeben haben. Einmal das Spiel in Erfurt, wo wir 0:2 hinten liegen, kurz vor der Halbzeit das 1:2 und fast mit dem Schlusspfiff das 2:2 machen, was gezeigt hat: „Wir können es! Wir sind dazu in der Lage!“ Zu dem Zeitpunkt war es der Drittplatzierte. Das Pokalspiel dann hat uns voll in die Karten gespielt. 2:0 geführt, dann den Ausgleich bekommen und kurz vor Schluss das 3:2 gemacht. Das war ein Positiv-, ein Aha-Erlebnis für die Jungs, um in der Liga nochmal Gas zu geben, um unsere Leistung abzurufen. Seit dem Erfurt-Spiel ist keine Niederlage dazu gekommen und daran wollen wir anknüpfen.

Wäre es wichtig, dass in der U19 Kontinuität einkehrt? Schließlich gabs viele A-Jugend-Trainer mit Marcus Jahn, Nico Quade, Jens Heinrich usw. Diese Fluktuation schadet eher. Wäre es besser, auf ein stabiles Gefüge zu setzen?

Seiler: Definitiv wäre es wichtig, dort eine Konstanz hineinzubringen. Das gilt aber nicht nur für die U19-Position, sondern es ist für jeden Nachwuchsspieler wichtig, dass man konstant, egal ob U17 oder U19, mit einem Trainer arbeiten kann. Von daher liegt es uns als Verein sehr nahe, Konstanz auf die Position zu bekommen.

Welche Verbesserungsmöglichkeiten gibt es? An welchen Schrauben würdest du drehen wollen?

Seiler: Es gibt einige Dinge, die man verbessern kann. Das ist aber nicht nur bei uns so. Finanziell sind wir aber gut aufgestellt, auch was den Vergleich mit regionalen Nachbarn betrifft. Eine gute Nachwuchsarbeit mache ich nicht nur vom Geld abhängig. Da stehen Jungs und Trainer voll dahinter, die das mit Herzblut leben. Klar, Qualität kostet immer Geld. Das ist kein großes Geheimnis, aber man muss es auch mit Leben füllen. Da bin ich zurzeit sehr optimistisch, dass wir gute Trainer haben, die das mit Leben füllen und wir uns step-by-step verbessern können. Das ist ein Prozess über Jahre. Jetzt kannst du nach und nach den Erfolg mitnehmen.

Die Abschlussfrage: wenn ein Nachwuchsspieler aus Gera oder aus Plauen kommt und erwägt, nach Jena, Chemnitz, Aue oder Zwickau zu gehen, was würdest du dem sagen? Warum sollte er sich für Zwickau entscheiden?

Seiler: Wir reden in Zwickau immer von der „Rot-Weißen Familie.“ Das ist auch so. Alles ist familiär. Es ist auf einem engen Raum. Die Jungs bekommen hier die Chance, sich zu entwickeln. Sie haben nicht unbedingt den Druck des Müssens. Natürlich wollen wir leistungsorientiert arbeiten und die Jungs zu Leistungssportlern ausbilden, aber man hat in Zwickau die Möglichkeit sowohl das Schulische als auch das Sportliche mit unseren Kooperationspartnern Käthe-Kollwitz-Gymnasium, der HANSA Handelsschule oder den Realschulen gut zu kombinieren. Da gibt’s eine Zusammenarbeit. Das Familiäre zeichnet uns aus.

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