Wir machen eine Zeitreise und sind plötzlich Sachsenring-Fans in der DDR. Im Europapokal mitfiebern und immer mit der Schwalbe raus zum riesigen Georgi-Dimitroff-Stadion fahren, um irgendwo oben auf der Halde zu stehen. Doch wie kommen wir nur an Fanartikel ran? Von der heutigen breiten Auswahl in den Fanshops des Vereins oder am Stand im Fanblock E5 kannst du nur träumen, denn zu DDR-Zeiten dominieren in Eckersbach die Plattenbauten statt des heutigen Stadions.
Klar, einfach selber machen, das lernst du sowieso in der DDR. Und wenn du es nicht kannst, helfen dir sicher deine Eltern oder Großeltern. Hier siehst du ganz oben einen laaangen Schal, handgestrickt von Franks Mutti Anfang der Achtziger. Den großen BSG-Siebdruckaufnäher kannst du auf dem Zwickauer Rummel mit diversen Geschicklichkeitsspielen gewinnen, weshalb diese Fanartikel auch „Rummelware“ heißen. Aber Achtung: Frank hat für diesen fast seinen ganzen Monatslohn von 100 Ostmark verspielt, denn die Wurfringe wollten einfach nicht über die Zielstange passen. Am Ende hatte der Budenbetreiberschlicht Mitleid mit dem jungen Lehrling.
Und die Rassel? Die fertigten Arbeiter des Sachsenring-Werks 1975 selbst und schossen damit sicher über ihr Produktionsziel hinaus. Statt Trabant-Teile bastelte ein Schlosser circa 20 Rasseln, lackierte sie im Sachsenring-Stil und fertig war die lautstarke Unterstützung für die unvergesslichen Europapokalspiele 1975/76 im rappelvollen Georgi-Dimitroff-Stadion. Das zeigt die Kreativität der Zwickauer Fans und wir fragen uns: Hast du auch noch selbstgefertigte Kleidung oder Instrumente, die dich damals oder heute ins Stadion begleiten?
Es gab auch offizielle Wege, an Fanartikel heranzukommen. Diese Mütze und die Streichhölzer stammen aus dem Toto-Kunack-Laden in der Marienstraße 37, gegenüber dem heutigen Gasthaus 1470. Lothar »Stumpel« Kunack wurde 1950 mit der ZSG Horch Zwickau erster DDR-Meister und absolvierte insgesamt 130 Pokal- und Ligaspiele für Horch und Motor. Nach seiner Karriere verkaufte er in seinem Laden u.a. Fanartikel und Eintrittskarten, sodass er noch lange ein Dreh- und Angelpunkt der Zwickauer Fußballgeschichte blieb.
Doch was ist das daneben? Das ist eine sogenannte Souvenirbestellliste der BSG Sachsenring. Du musst nur einen Brief an den Verein schicken, dieser schickt dir diese Liste zurück, du füllst sie aus, gibst an einem Postschalter eine Einzahlung in Auftrag und mit etwas Glück bist du schon bald ausgestattet. Ganz einfach oder? Wenn du dabei Pech hast, bleiben dir noch weitere Möglichkeiten: Der Deutsche Fußballverband DFV brachte ab den Siebzigern eigene Fanartikel heraus, auf denen meist alle DDR-Oberligisten abgebildet waren. Dann vielleicht doch zu diesen Spielchen um die Rummelware? Was, das ist dir noch nicht zwielichtig genug? Dann haben wir einen Geheimtipp für dich: Zu Beginn der Achtziger entstehen vor den Stadien der DDR-Oberliga und teils auch der DDR-Liga Schwarzmärkte. Dort werden Fanartikel vieler Vereine angeboten, mit etwas Glück sogar von deinem Lieblingsverein aus dem Westen und vielleicht gibt es noch ein Poster von Udo Lindenberg oder KISS. Schau mal in dieser kleinen Seitenstraße am Georgi-Dimitroff-Stadion vorbei, gleich vor den unteren Kassenhäuschen rechts.
Und was sammeln die Fans noch? Natürlich Programmhefte. Einige Personen aus der FSV-Fangemeinde besitzen etliche Ordner mit Programmen, zeitlich sortiert, gelocht oder in Klarsichtfolie. Aus historischer Sicht sind sie natürlich ein wichtiges Recherchematerial für die Zwickauer Fußballgeschichte, doch auch die Gestaltung ist schon einen Blick wert. Meist A5, in der 2. Liga und danach gar A4. Früher als »Fußballprogramm«, dann namenlos, danach »Zwicker«, »FSV live«und wieder »Zwicker«. Ein Durcheinander, das von den Schals noch getoppt wird. Dieser Schal stammt aus einer riesigen Sammlung Zwickauer Schals, ob vom Verein produziert oder von Fans. Um alle Schals zu zeigen, die von ihrem Inhaber mit viel Liebe sogar eingeschweißt wurden, muss erst ein passender Raum gefunden werden. Deshalb erzählt dieser Schal stellvertretend eine Geschichte: Es entstanden bisher viele Varianten des FSV-Logos, wie ihr auch im »Egal wie«-Buch nachlesen könnt, doch dieses ist wohl eines der schiefsten, die das Stadionlicht je erblickten.
Wir hoffen, euch gefällt die kleine Ausstellung, und sind für jegliches Feedback dankbar. Besonders möchten wir uns bei den Personen bedanken, die uns diese Gegenstände als Schenkung oder Leihgabe zur Verfügung gestellt haben. Unsere Arbeit wird komplett ehrenamtlich von FSV-Fans verschiedener Generationen & Tribünen getragen und ist auf die Unterstützung aus der FSV-Fangemeinde angewiesen. Wenn ihr uns unterstützen wollt, werdet einfach Mitglied im Zwickauer
Fußballgeschichten e.V. und bekommt das limitierte Glas zu Davy Fricks 333. Spiel geschenkt! Natürlich freuen wir uns auch, wenn ihr euch aktiv einbringen wollt, egal ob mit eurem Kellerfund aus der Fußballgeschichte oder direkter Mitarbeit. Wir haben viele Themen, die wir nicht allein bearbeiten können, und sind offen für alle neuen Ideen. Für eure Gegenstände stellen wir auch gern einen Leihvertrag aus, sodass ihr weiter Eigentümerin oder Eigentümer bleibt.
Meldet euch einfach per E-Mail, Facebook, Instagram oder im Stadion am E5-Stand. Wenn ihr euch die gezeigten Gegenstände genauer anschauen wollt, schreibt eine E-Mail an info@zwickauer-fussballgeschichten.de und wir können einen gemeinsamen Termin ausmachen.
Zwickauer Fußballgeschichten e.V. im Juli 2021